Nachwort des Verfassers

Dieses Nachwort ist erst ab der 2. Auflage (ab 5. April 2007)

Bestandteil des Buches 

„Entschädigung", dieses Wort wurde im Zusammenhang mit dem Thema „Zwangsarbeit" bereits etliche Jahre, schon bevor die Bundesregierung im Juli 2000 das Stiftungsgesetz zur Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter verabschiedete, immer wieder von politischer Seite verwendet.
Danach bekam der Begriff fast inflationären Charakter. Die Gründe lagen auf der Hand: Erstmals wurde die breite Öffentlichkeit über den Umfang des Nazi-Verbrechens umfassend informiert und gleichzeitig darauf hingewiesen - in allen Medien -, dass von 200.000 angeschriebenen Unternehmen sich zu dem Zeitpunkt nur etwa 3.000 beteiligt hätten, erst 3,1 Milliarden Mark fest zugesagt seien.
Selbst heute, nach dem Beschluss der Bundesregierung, die Akten zu schließen, sind nicht alle Unternehmen dieser Stiftung beigetreten, sind längst nicht alle Zahlungen erfolgt.
Ein Skandal, ein öffentliches Ärgernis. Und das besonders für bestimmte Interessengruppen - auch die, die sich für Zahlungen aussprachen -, die das Thema endlich für immer vom Tisch haben wollten.

Die Handlung des Romans „Das fremde Land" spielt im Jahr 2001, als dieser „Skandal" breit diskutiert wurde, sich die Öffentlichkeit über die Zahlungsunwilligen erregte.
Auch im Roman wird das Thema Entschädigung im Zusammenhang mit dem Projekt einer Schule „Zwangsarbeit - Entschädigung jetzt" benutzt. Aber es ist nicht das zentrale, das bewegende Thema. Es ist, wenn man es richtig betrachtet, nicht mehr als die Initialzündung für das, was der Roman behandelt - das Leiden der Betroffenen.

Kann man wirklich - auch nur annähernd - alles entschädigen, mit Geld „gutmachen", was die damaligen Verbrecher angerichtet haben? Nein, und nochmals nein! Das kann man nicht. Natürlich sind Entschädigungszahlungen notwendig, um entgeltlose Leistungen auszugleichen, aber auch nur dafür.
Sie können und dürfen nicht dazu dienen, unser Gewissen zu beruhigen. Es darf nicht sein, dass wir uns zurücklehnen und erklären: „Wir haben ja alles Menschenmögliche getan. Was wollt ihr denn? Lasst uns doch endlich damit aufhören."
Nein, und nochmals nein. Einfach deshalb nicht, weil man eben nicht alles mit Geld tilgen, auslöschen kann, was passiert ist. Die so oft als unverletzlich beschworene „Würde des Menschen" - im § 1 unseres Grundgesetzes festgeschrieben - wurde millionenfach auf übelste, böswilligste und unmenschlichste Weise verletzt. Diese verletzte Würde durch Geld wieder heilen? Das genau ist einfach nicht möglich.
Aber was dann? Es muss etwas anderes geschehen. Dieser Roman will helfen die Würde dieser Menschen zu heilen. Er ist als ein Beitrag zum „Nichtvergessen" gedacht, zum ständigen Erinnern an die Menschen, deren Würde in den Staub getreten wurde, die vergewaltigt, gequält und ermordet wurden.
Mit Wladimir und Aja wird dieses Unrecht personifiziert. Allein deshalb, damit wir begreifen, was Menschen anderen Menschen angetan haben. Eine Entschädigung dafür ist niemals möglich.
Aber wenn wir die Millionen Ajas und Wladimirs, die zur Zwangsarbeit verdammt waren, endlich als fühlende, leidende Menschen erkennen, dann leisten wir Wiedergutmachung im schönsten Sinne. Wenn dieser Roman auch nur einige Menschen dazu bringt, das zu begreifen, dann hat er seinen Sinn erfüllt.