Kaum ein schriftstellerisches Werk kommt ohne das Wort Liebe aus. Gleichgültig, ob es sich um einen Liebesroman, einen Krimi, ein Drama oder eine nicht einem Genre zuzuordnende Geschichte handelt. Die Liebe ist allgegenwärtig. Und das nicht nur als Wort, nein, als Handlung, als Steuerelement, oder sogar als Schlüsselthema. Sie wird kolportiert, lächerlich gemacht, zum wichtigsten Thema der Welt erklärt und oft genug verbrämt mit dem Thema Sex, als reißerisches Element eingebaut, um bestimmte Käuferschichten anzulocken (siehe Bettgeschichten eines Sängers und Liederproduzenten).

Das Thema Liebe immer wieder in neuen Facetten schriftstellerisch zu nutzen, kommt nicht von ungefähr. Die Liebe ist ja tatsächlich das zentrale Thema in unserem Leben. Angefangen von der Kindes- und Mutterliebe bis hin zur Liebe zu einem Partner, mit dem man das Leben gemeinsam durchstehen will.

Ergo gehört es auch in die Literatur, seinem Rang im wahren Leben entsprechend. Keine Frage. Bedauerlich ist dabei nur, dass dieses Wort so substanzlos bleibt, dass sich jeder dieses "Hilfsmittels" bedient, es aber nur selten den Rang erhält, der ihm eigentlich zusteht. Liegt es daran, dass das Wort schal, bedeutungsarm geworden ist? Pascal Mercier lässt in seinem Roman "Nachtzug nach Lissabon" den Amadeu die Liebe verleugnen. Er, der selber unsterblich und unglücklich in Estefania verliebt ist, sagt: "Daran glaube ich nicht." Er analysiert sein Gefühl und zerlegt es in die Bestandteile: "Begierde, Wohlgefallen, Geborgenheit." Und setzt dann, als wesentlichsten Teil die Loyalität hinzu, die bis zum Lebensende zu gelten habe.

Hat er damit die Liebe so beschrieben, sie uns, den Autoren, so gebrauchsfähig geliefert, dass wir diese Definition künftig stellvertretend für das Wort "Liebe" verwenden können? Sollen wir also auf alle Höhen und Tiefen - auch Untiefen - der Liebe verzichten?

Nein und nochmals nein! Wir schauen nach bei Paulus - und das bietet sich für den Gläubigen wie für den Agnostiker und sogar für den Atheisten an:

Das hohe Lied der Liebe

Apostel Paulus im 1. Korintherbrief

1 Wenn ich mit Menschen- und mit Engelszungen redete und hätte die Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle.

2 Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, sodass ich Berge versetzen könnte, und hätte die Liebe nicht, so wäre ich nichts.

3 Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und ließe meinen Leib verbrennen und hätte die Liebe nicht, so wäre mir’s nichts nütze.

4 Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf,

5 sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu,

6 sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit;

7 sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.

8 Die Liebe hört niemals auf, wo doch das prophetische Reden aufhören wird und das Zungenreden aufhören wird und die Erkenntnis aufhören wird.

9 Denn unser Wissen ist Stückwerk und unser prophetisches Reden ist Stückwerk.

10 Wenn aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören.

11 Als ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und dachte wie ein Kind und war klug wie ein Kind; als ich aber ein Mann wurde, tat ich ab, was kindlich war.

12 Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin.

13 Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.

Es ist nicht erforderlich, sich streng an diese "Gesetze der Liebe" zu halten, kein Autor kann oder wird das tun oder auch nur wollen. Aber es ist unsere Pflicht - wessen sonst? - die gute, die schönste Bedeutung dieses Begriffes in Erzählungen und Romanen zu Wort kommen zu lassen.

Die Liebe, wie sie zwischen jungen und auch zwischen älteren Menschen wohl tatsächlich existiert, die zu beschreiben, ist eine schöne Aufgabe - und sollte, wenn man sich von anderen Zielen befreit, auch gar nicht so schwer sein. Denn das kann eigentlich jeder, der weiß, worüber er schreibt. Als ein Beispiel dafür empfehle ich "Erinnerungen", eine Erzählung im Menü "Geschichten". Sie ist dort leicht zu finden, da die etwa 60 Novellen und Erzählungen nach dem Alphabet sortiert sind.