Neuss-Grevenbroicher Zeitung 19.04.2005

Franziska Gräfe

Erzählungen über Schicksale

Seine Bücher sind ein Spiegel der Realität: Es sind alltägliche Geschichten, die unter die Haut gehen. Der Rheinfelder Eduard Breimann beschäftigt sich auch in seinem aktuellen Buch mit den dunklen Seiten unseres Lebens, von der SS-Vergangenheit bis hin zu Asylanten und Pennern. Nun stellte der Autor, der vielen Dormagenern als Historiker und Chronist seit langem bekannt ist, in der Buchhandlung ,Seitenweise' seinen zweiten Erzählband vor.

In „Der Tod hat ein Gesicht' schreibt er beispielsweise über Paul, einen angesehenen Fachmann für Literatur, der sich während einer Afrikareise mit HIV infiziert hat und gerade auf der Party seiner vermeintlich besten Freunde Betty und Peter das Wiedersehen feiert. In einer ruhigen Minute gesteht er dem Kumpel, dass er positiv getestet ist.

„Ich bitte dich, halt's für dich, ja?" Doch Paul trifft auf alles andere als Verständnis. „Aber - da läufst Du einfach so rum? Musst Du da nicht in Quarantäne oder so? Du bist doch ansteckend." Danach stürzt Peter auf die Toilette. Eduard Breimann hat ein halbes Jahr recherchiert, bevor er diese Geschichte verfasst hat. „Das Thema Aids hat mich sehr bewegt, aber das Schreiben befreit von dieser Last", so der Buchautor.

Ende Mai erscheint der dritte und vorerst letzte Teil seiner Erzählungen. „Ich will die Probleme und Sorgen unserer Zeit behandeln und festhalten", sagte der gelernte Informatiker. Die Menschen sollen später nachlesen können, wie es war, als es noch keinen Impfstoff gegen das Aids-Virus gab. Aus aktuellem Anlass stellte er auch ein Stück aus seinem ersten Band „Die schwarze Katze' vor, in dem es um das Mädchen Tina geht. Diagnose: Hirntod.

Hintergrund ist der ständige Konflikt der Eltern, die in Tina's Empfindungen nur als „gute" und „böse" Stimmen dargestellt werden. „Was wollen diese Stimmen von mir?", fragt sie sich immer wieder. „Ist dieser Haufen Fleisch ohne Gehirn das alles wert?", brüllt eine Männerstimme. „Halte den Mund, du Ungeheuer!", faucht die gute Stimme. Obwohl Tina nicht zuhören möchte und in ihren Träumen versucht zu flüchten, kann sie es nicht. „Lasst mich in Ruhe!", schreit sie lautlos.

Diese Passage ist beispielhaft dafür, wie Autor Eduard Breimann es schafft, die Gegenwart schattenlos widerzuspiegeln. Er schreibt über Einzelschicksale der Armen und Kranken, vor denen andere die Augen verschließen. „Sein besonderer Schreibstil macht die Texte menschlich, und es gelingt ihm trotz der oft traurigen Handlungen, am Schluss eine hoffnungsvolle Stimmung entstehen zu lassen", erläuterte Buchhändler Stephan Thönneßen zu den Werken. „Und vielleicht", verriet Eduard Breimann am Ende der Lesung, „schreibe ich noch einen vierten und fünften Teil."