Neuss-Grevenbroicher Zeitung                                                                       31.07.2003

Carsten Sommerfeld

"Von Rinwerde bis Rheinfeld"

Ortsgeschichte in spannender Verpackung

 

"Als die Idee zu dem Buch aufkam, dachten wir an etwas schmales, an eine Festschrift. Was sollte noch viel über Rheinfeld gesagt werden, was nach dem ersten Buch über Rheinfeld von 1994 nicht schon bekannt ist", erzählt Eduard Breimann, der auf das 825-jährige Bestehen des Ortes hingewiesen hatte, bei der Vorstellung des Bandes Donnerstag. Ein Geschichtsbuch braucht nicht "trocken" zu sein.

825 Jahre Rheinfeld

(v.l.) Heimatvereins-Vorsitzende Anne Forte, Autor Eduard Breimann, Bürgermeister Reinhard Hauschild und Fachbereichsleiter Heinz Pankalla stellten den neuen Band über Rheinfeld vor. NGZ-Fotos: H. Jazyk

Aus bescheidenen Überlegungen wurden rasch 150 Seiten, mit vielen Fotos und Zeichnungen gestaltet. Mehr als 400 Exemplare des Buches, das der Heimatverein Rheinfeld im Rahmen der Historischen Schriftenreihe der Stadt heraus gibt, sind vorbestellt. "Die Rheinfelder stürzen sich regelrecht auf das Werk", freut sich Bürgermeister Reinhard Hauschild. Der Band ist Höhepunkt einer ganzen Aktionsreihe des Heimatvereins Rheinfeld in diesem Jahr mit Vorträgen, Rundgängen, Kinderrallye und der Ausstellung in der Sparkasse, die auch die Entstehung des Buches finanziell unterstützte.

"Von dem Buch erhoffen wir uns ein Stück Identität gerade für die vielen zugezogenen Rheinfelder", so Hauschild, der zwei gegenläufige, gleichwohl zusammen hängende Trends beobachtet: "Die Globalisierung geht einher mit einem steigenden Interesse an der Heimat, an der Nachbarschaft." Das Interesse der Rheinfelder an dem Buch über ihren Ort ist dafür deutliches Indiz. Doch vielleicht ahnten sie auch, dass sie von Eduard Breimann mehr zu lesen bekommen als nüchternes Faktenwissen. Er versteht es, Geschichte in Geschichten zu kleiden, weiß packend zu erzählen.

Seit 1989 befasst sich der Rheinfelder mit der Geschichte seines Wohnortes: Für das neueste Buch, gedruckt in der Neusser Druckerei und Verlag GmbH, hat er vier Monate lang in Archiven recherchiert, Material zusammen getragen und geprüft. "Viele Rheinfelder haben mir alte Fotos zur Verfügung gestellt, und das Stadtarchiv stand immer für mich offen." Doch bei der Ortshistorie belässt Breimann es nicht. "Wer weiß heute schon, wie die Menschen 1178 im Rheinland gelebt haben, wie die politischen Verhältnisse vor 825 Jahren aussahen?" Also webt er die Geschichte des Rheindorfes in größeren historischen Zusammenhang ein, schafft so auch für Nicht-Rheinfelder eine interessante Lektüre.

Wann Rheinfeld gegründet wurde, ist nach wie vor unbekannt. Die erste urkundliche Erwähnung des Ortes bezieht sich auf Engelbert von Rinwerde, nach Breimanns Nachforschungen wahrscheinlich ein adliger Ritter. 1178 wird der Lehensmann als Zeuge beim Abschluss eines Vertrages zwischen einer Pfarre in Neunkirchen und dem Andreasstift in Köln erwähnt. "Die Urkunde ist in Köln erhalten und füllt einen ganzen Tisch, befindet sich aber in einem sehr schlechten Zustand", so Eduard Breimann. Er stelltdie alte Urkunde mit ihren Bestandteilen genau vor, greift bei der Geschichtsvermittlung aber auch zum Mittel der Prosa. So lässt Breimann Engelbert von Rinwerde mit seinem Knappen Andreas von Rheinfeld die lange Reise zur Vertragsunterzeichnung nach Neunkirchen antreten.

"Ein mühsamer Weg, mehr als 30 Kilometer schaffte man nicht am Tag. Die Wege waren schlecht, Pferde waren wertvoll und wurden entsprechend geschont", weiß Breimann. Er schreibt über das Leben in Rheinfeld ab dem zwölften Jahrhundert, berichtet von entbehrungsreicher Arbeit der Bauern. "Lange Zeit stagnierte Rheinfeld. Mit den Rheinüberschwemmungen fiel die Ernte aus, und die Bauern konnten den Klöstern den Zehnten nicht zu zahlen." Eduard Breimann schlägt den Bogen vom Mittelalter bis zum heutigen Rheinfeld mit über 5.000 Einwohnern. Die Entwicklung der großen Höfe, die den Ort geprägt haben, die Entstehung der alten Kreuze werden dargestellt.

Auch alte Grenzstreitigkeiten zwischen Zons und Rheinfeld im 18. Jahrhundert fehlen nicht. Im letzten Kapitel runden alte Aufnahmen vom Leben in Rheinfeld, von der Feldarbeit mit der Dreschmaschine bis hin zu Boltens pferdegezogenem Michwagen, den Band ab. "Von Rinwerde bis Rheinfeld, 825 Jahre Rheinfeld 1178-2003" ist für 9,50 Euro im Buchhandel erhältlich. Vorbestellte Exemplare können im Kulturbüro der Stadt im historischen Rathaus an der Kölner Straße abgeholt werden.

Die Reise von Engelbert von Rinwerde dient übrigens auch als Drehbuch für ein Theaterstück, das Kinder der Regenbogenschule im Herbst aufführen. Am 4. Oktober feiert der Heimatverein Rheinfeld sein Erntedankfest.