Friedenslesung zum Ende des Krieges
Gesamtschule Dormagen gedachte der Opfer des Faschismus
Die Nachrichtensendungen am 8. und 9. Mai berichteten international über die Feiern in vielen Ländern zum Ende des Zweiten Weltkrieges und über die Niederlage des Faschismus - aber nicht aus Deutschland. Anders die Bertha-von-Suttner-Gesamtschule in Dormagen: Schüler aus der Projektgruppe der Schülervertretung gedachten der Opfer des Faschismus auf dem Alten Friedhof und legten Blumen an der Grabanlage der Zwangsarbeiter ab.
Begleitet wurden sie von dem Schriftsteller Eduard Breimann aus Dormagen, der jüngst seinen Roman „Das fremde Land" veröffentlichte. In diesem Werk behandelt Breimann genau das Anliegen der Schüler: Die Auseinandersetzung mit dem Faschismus und seinen Folgen. Beispielhaft setzt er sich mit der verzögerten Entschädigung der Zwangsarbeiter auseinander - und mit dem Versuch der Schüler, Wiedergutmachung auf einer ganz individuellen Ebene zu leisten.
Foto: Uwe Koopmann
Vor der Grabanlage der
Zwangsarbeiter las Breimann einen beeindruckenden Auszug aus seinem Roman:
Friedhofsgestaltung als Ausdruck historischen Bewusstseins und politischer
Aktualität. Konkret geht es darum, dass eine ehemalige Zwangsarbeiterin
zusammen mit den Schülers das Grab ihrer ebenfalls verschleppten Mutter sucht.
Ein genauer Ort der Trauer lässt sich aber nicht mehr finden, da die Gräber
eingeebnet sind - im Gegensatz zu den Gräber deutscher Soldaten aus dem 1. und
2. Weltkrieg. Die merkwürdige Unterscheidung zwischen diesen Gräberfeldern, auf
die Schüler der Gesamtschule aufmerksam gemacht hatten, hatte vor zwei Jahren
in Dormagen Diskussionen ausgelöst. Damals war erstmals - auf Anregung der
Schule - die Grabanlage der Zwangsarbeiter in das Gedenken an die Opfer des 2.
Weltkrieges einbezogen worden. Zuvor waren nur die deutschen Soldaten die
Opfer.
Aus der Moskauer Schule 863 hatte die Schüler zuvor eine „Friedensbotschaft" erhalten: „Liebe Freunde! Heute ist ein wichtiges Datum für die Welt, und morgen ist ein wichtiger Tag für alle Russen. Dies ist der Tag mit zweierlei Bedeutung: Der Tag des Glücks und der Tränen in unseren Augen, wenn wir uns all jener erinnern, die ihr Leben für unsere friedliche Gegenwart gegeben haben."
Die russischen Schüler, Lehrer und ihre Schulleiterin Valentina S. Rogozhinskaya berichten zudem von einem Treffen mit Dmitri Orlov, der in diesen Tagen 99 Jahre alt wurde. Ihn hatten die Dormagener Schüler in Moskau kennen gelernt. Er war Zwangsarbeiter und Gefangener in Stukenbrock bei Bielefeld und hatte dort mit den anderen Überlebenden noch 1945 einen Obelisken errichtet, der an die über 50.000 Toten dieses Lagers erinnert.
Die Dormagener Schüler werden sich weiterhin dieser Problematik stellen: noch im Mai fahren sie nach Moskau - und zum 1. September erwarten sie den Gegenbesuch aus der Schule 863.