Sehr geehrter Eduard Breimann!

Danke, dass Sie die Kraft und den Mut gefunden haben, sich diesem heiklen und schwierigen Thema zuzuwenden. Ihr Roman „Das fremde Land" beleuchtet Realitäten aus einer traurigen Vergangenheit. Das Dargestellte ist klar und emotional beschrieben.

Das Buch habe ich von der ersten bis zur letzten Zeile aufmerksam gelesen. Ich verstehe, welch umfangreiches Material Sie nicht nur studieren, sondern auch durch Herz und Verstand gehen lassen mussten, um zu versuchen glaubwürdig darzustellen, was damals in der Sowjetunion und im Dritten Reich vor sich gegangen ist. Am Beispiel des Schicksals des Mädchens Aja, Angelika Pawlowskaja, die in einem kleinen Dorf in der Nähe des Flusses Desna lebte, machen sie die Leser mit den Ereignissen jener Jahre bekannt. Und am Beispiel des Lebens eines beschaulichen rheinischen Städtchens wird gezeigt, wie die Ereignisse der Vergangenheit mit denen der Gegenwart eng verflochten sind und verschiedene emotionale Reaktionen hervorrufen. Bei der Lektüre Ihres Buches erkennen die Menschen das, was das nazistische Regime, vor dem deutschen Volk verschleiernd, getan hat. Wie es menschliche Schicksale zerbrach, indem es erzwang, Dinge zu tun, auf die kein Deutscher jemals stolz sein kann.

Aber die heutigen Generationen der Bundesbürger können und müssen stolz sein auf die  Gymnasiasten und Schüler, die Geschichtslehrer, die Schriftsteller und Journalisten, die das schwierige Thema über die Sklaven des Dritten Reiches nicht scheuten.

Im Zweiten Weltkrieg sind von den Nazis über fünf Millionen meiner Landsleute zur Zwangsarbeit, die sie umbringen sollte, verschleppt worden. Viele von ihnen sind für immer in deutscher Erde geblieben. Auf dem Territorium der Sowjetunion leben heute noch etwa zwei Millionen Opfer des Nazismus mit ihren Familien. Sie sind Ihnen für dieses Buch, das sich ihren zerbrochenen Schicksalen widmet, dankbar.

Meine Landsleute, die schreckliche Erfahrungen durchmachen mussten, ließen sich nicht in die Knie zwingen, bewahrten die Treue zur Heimat, ihre Ehre und die Würde des Menschen. Viele von ihnen sind den heutigen deutschen Bürgern für die Aufmerksamkeit gegenüber ihrem Schicksal, für ihr Mitgefühl, für Wohltätigkeit, Medikamente,  materielle und psychologische Hilfe dankbar.

 Alexander Urban

Auslandsjournalist

Mitglied des Russischen Verbandes ehemaliger minderjähriger Häftlinge des Faschismus

P.S. Ich übermittele Ihnen diesen Brief in gekürzter Form. Die Kritik an die offiziellen Behörden Russlands wegen ihrer mangelnden Aufmerksamkeit gegenüber den Opfern des Nazismus habe ich weggelassen.

 

Übersetzung aus dem Russischen:

Walborg Schröder, Vorsitzende der Deutsch-Russischen Gesellschaft Rhein/Ruhr e.V.