Baden im Rhein

 
Die Sonne brannte vom Himmel, vom frühen Morgen bis zum späten Abend. Und Antonia wollte sie schon den Menschen in Afrika schenken.

Wenigstens, bis es hier wieder kalt geworden ist. Die sind so schwarz, denen macht das nichts. Und außerdem sind die nackt. Das dürfen wir ja nicht." 

 Die sind nicht nackt. Was du in deinem Bilderbuch gesehen hast, das war gestern. Heute haben die Anzüge an und tragen Schlipse!", rief David.

Woher weißt du das? Warst du da? - Warst du nicht! Aber der Mann, der die Fotos gemacht hat. Ich weiß genau, wie es da aussieht. Und die lieben die heiße Sonne."

Mädchen!", seufzte David wieder einmal. 

Es war so heiß, dass niemand draußen spielen wollte. Babsi und Daffy ließen müde ihre Köpfe hängen, mochten nicht mal das saftige Gras fressen. Auch Antonia, David und Annalisa langweilten sich und saßen faul im kühlen Kinderzimmer herum.

„Sollen wir Rad fahren?", fragte David schließlich. Ich zeige euch Tricks!"

„Oder mit meinen Puppen spielen?", fragte Antonia.

„Ballaballa?", fragte David. „Mit deinem Patrick? Höchstens mit Autos könnten wir spielen."

„Immer die doofen Autos. Oder was malen?"

„Nee, keine Lust."

„Ich hab eine Idee: Sollen wir mal zum Rhein gehen?", fragte Annalisa.

„Super Idee! Steine werfen!", rief David.

„Oh ja!", sagte Antonia begeistert. „Wir nehmen eine Decke mit, was zum Trinken und Kuchen. Dann machen wir ein Pickling."

„Hä?", fragte David. „Was ist denn ein Pickling?"

„Das, wo man Sachen trinkt und isst."

„Ach so, die meint sicher Picknick", klärte Annalisa ihn auf.

„Sag ich doch. Der hat bloß Bohnen in den Ohren, der David. Pickling machen wir."

„Oh, Mann!", stöhnte David, aber er war als erster in der Küche bei Mama.

Jawohl, sie durften zum Rhein. Und blitzschnell war ein Rucksack mit allem gepackt, was sie brauchten.

Sie wollten gerade lossausen, als Antonia „Halt!" rief.

„Was denn nun schon wieder", maulte David, der schon auf dem Rad saß.

„Wir nehmen Daffy und Babsi mit. Die freuen sich bestimmt über eine Erfrischung im Wasser. Und cool ist das auch, wenn wir mit zwei Pferden da ankommen."

„Cool ja, aber ob Mama einverstanden ist?", zweifelte Annalisa.

Antonia flitzte schon los und war schneller zurück als ein Blitz. „Los! Wir dürfen!"

"Nie, hat die gefragt!", murmelte David, wollte es aber lieber nicht so genau wissen. 

Jedenfalls sausten alle zur Weide, banden den beiden Pferden einen Strick um und los ging es. Weit war es ja nicht bis zum Rhein. Und als sie näher kamen, hörten sie auch schon das Signalhorn eines Schiffes.

„Los, Daffy! Rein ins Wasser", schrie Antonia. Da wirst du sauber und außerdem macht es deine Beine kühl. Und saufen darfst du auch - wenn dir das Wasser schmeckt."

Aber Daffy roch nur einmal am Rheinwasser und setzte keinen Huf hinein. „Bist du ballaballa?", fragte Antonia, als sich Daffy einfach auf die Kieselsteine legte und nicht einmal mehr zum Wasser hinschaute.

„Na und? Lass ihn doch", sagte Annalisa. „Der ist eben wasserscheu. Vielleicht hat Daffy auch Angst, weil er schon einmal im Graben fest saß."

Am steinigen Strand breiteten sie die Decke aus und wollten sich umziehen, als Antonia rief: „Der Badeanzug! Ich hab ihn vergessen."

„Ach, du meine Güte! Alles wegen der Pferde. Ich hab meinen auch vergessen. Und da sind Leute", sagte Annalisa. „Nackt geh ich nicht rein."

„Macht mir nix", sagte David. „Ich kann auch ohne."

Antonia zögerte aber auch. Da waren Leute und ohne Badeanzug ins Wasser?

„Die kucken mir was weg. - Und außerdem: Da wird man ja ganz nass, wenn man nichts anhat", sagte sie und setzte sich erst mal auf die Decke.

„Mann, das wirst du auch im Badeanzug. Du bist vielleicht eine."

„Schaut mal, wie weit ich von hier aus werfen kann", rief Antonia und schon flog der Kiesel haarscharf an Davids Kopf vorbei.

„In Deckung!", schrie David. „Die Antonia wirft. Das war ein richtiger Mädchenwurf. Das Wasser ist auf der anderen Seite."

„Du wirfst ja auch nicht besser", verteidigte Annalisa ihre Schwester.

„Aber dafür schieße ich besser."

„He, David. Ich hab Durst. Bring mir mal was zu Trinken", rief Antonia und wedelte mit den Armen.

„Ballaballa?", fragte David. „Du bist doch keine blaue Prinzessin mehr. Hol dir selber was."

„Ach kommt, wir gehen doch ins Wasser", sagte Annalisa und steckte schon mal den Zeh rein.

„Genau", sagte Antonia, zog sich aus und hüpfte - nur mit der Unterhose bekleidet -ins Wasser.

„Huch!", schrie sie. „Das ist kalt - und nass!"

Babsi stand noch abwartend bei Daffy, aber als Antonia ins Wasser ging, trabe sie los und ging sogar weiter ins Wasser als Antonia. „He, Daffy! Siehst du das? Schämst du nicht", rief sie.

Aber Daffy schämte sich nicht, roch einmal an den Kieselsteinen und schaute lieber gar nicht hin zu den Wasserratten.

David warf erst mal Kieselsteine, die hüpfen sollten. Taten die aber nicht.

„Die müssen mindestens drei Mal auftitschen, hat Opa gesagt. Warum klappt das bloß nicht?"

„Üben!", rief Antonia. „Opa hat auch geübt, hat er gesagt. Opa kann gaaaanz weit werfen und dann titscht der eintausend Mal auf."

„Mindestens", maulte David.

Er setzte sich auf die nassen Kiesel und beobachtet Annalisa und Antonia.

„Das doofe Schiff hat meine Unterhose nass gemacht", jammerte Antonia.

Sie zog sich jetzt ganz aus und stürmte zurück ins Wasser.

„Das ist schön hier. Daffy sollte auch ins Wasser gehen. Das wär besser als im dunklen Stall rumstehen", rief sie und setzte sich ins Wasser.

„He, meine ganze Hose ist schon nass!", rief David.

„Weil du dich auf die Steine gesetzt hast", sagte Annalisa.

Also zog sich David auch aus und die Sonne trocknete seine nassen Sachen.

Erst als die Sonne hinter den Bäumen verschwunden war, hatten alle genug vom Wasser - auch Babsi. Antonia drängte: „Ich will zurück. Bestimmt haben Babsi und Daffy Hunger nach dem tollen Ausflug."

So vergingen die Tage. Babsi wuchs und war schon ein richtig schönes Pferd, als die Sommerferien anfingen. Jeden Tag tobte Antonia mit Babsi und Daffy auf der Weide. Sie striegelte ihr Fell, bürstete und kämmte ihre Mähnen, reinigte die Hufe und einmal in der Woche spritzte sie beide mit dem Wasserschlauch ab.

„Sie macht das prima", fand ihr Vater.

„Und den Stall macht sie auch recht ordentlich", ergänzte die Mutter.

Das stimmte. Antonia mistete die Ställe aus, streute frisches Stroh und säuberte die Gänge. Und fast immer machte sie das ohne zu knurren und zu meckern. Das wunderte allerdings David, der seine kleine Schwester kaum wieder erkannte.

"Mädchen!", sagte er schließlich, als ihm keine andere Erklärung einfiel. 

 

Die schöne Ferienzeit war schnell vorbei. Antonia ging wieder in den Kindergarten, David und Annalisa in die Schule und Babsi, Daffy und Babybell genossen das saftige Gras und das Herumtoben auf der schönen Wiese.

„Hallo ihr!", rief Antonia, als sie am ersten Tag aus dem Kindergarten kam. „Wie geht es euch?"

Die beiden Pferde waren in den letzten Monaten schon sehr gewachsen, sahen richtig groß aus.

Sie fraßen gerade Heu aus dem großen Behälter, den ihnen Antonias Vater ausgebaut hatte.

„Frisches Heu! Das schmeckt euch, was?", rief Antonia.

Die beiden schauten nur kurz hoch, nickten und fraßen weiter.

„Ihr habt es gut", stöhnte Antonia. „Eigentlich müsstet ihr auch in den Kindergarten und Babybell in die Schule. Ich spreche mal mit Papa, ob es einen Kindergarten für Fohlen und Ponys gibt."

Zuerst Babsi und dann auch Daffy, wieherten empört und gaaaanz lange.

„Braucht euch gar nicht aufregen. Toll ist es da. Da lernt man soooooo viel. Singen, basteln, malen. Das wär was für euch. Bloß immer Gras fressen ist doof. Da wird man ja ballaballa."

Mit ihrem weichen Maul stupste Babsi Antonia ins Gesicht und schüttelte den Kopf. Nein, sie wollte wohl lieber mit Daffy auf der Wiese herum toben und nicht auf einer Schulbank hocken. Das war mal sicher.

„Na gut", lenkte Antonia ein. „Ich erzähl euch dann alles, was ich gelernt habe. Und gaaaanz schöne Lieder sing ich euch vor. Soll ich schon mal?"

Da rannten Daffy und Babsi los und wieherten empört. Sie hatten schon oft genug gehört, wie doll Antonia singen konnte.

„Bald darf ich euch reiten!", rief sie ihnen nach. „Bald! Und dann wird es erst richtig schön."

 

Und damit ihr es wisst: Babsi, Daffy, Babybell - und auch Max erlebten schöne Zeiten auf dem Hof. Die kleinen und großen Abenteuer, die nun mal passieren, überstanden alle heile und gut. Sie sahen z, wie Antonia, David und Annalisa größer wurden, freuten sich, wenn sie mit ihnen ausritten und die schöne Gegend erkundeten. Ja, und wenn ihr mehr wissen wollt, dann besucht doch mal den schönen Hof in Pletschbach und vielleicht lässt Antonia euch ja mal auf Babsi reiten.

 

Ende