Neuss-Grevenbroicher Zeitung 13.10.2003

 

Carsten Sommerfeld

Deichverband Dormagen-Zons feiert 75-Jähriges

Eine Geschichte von Eisgang und Hochwassern 

Ohne den Deich wären Orte wie Zons, Stürzelberg und Rheinfeld hilflos den Fluten des Rheins ausgesetzt. Die Geschichte des Deichverbands zeichnet jetzt ein Buch von Eduard Breimann nach. 75 Jahre Deichverband.

PR-Deichgeschichte

Foto. Buchautor Eduard Breimann, Deichgräf Johannes Steffen, sein Stellvertreter Hans Lorenz, Rendantin Anneliese Wissdorf und Stellvertreter Artur Auweiler. NGZ-Foto: H. Jazyk

Wäre er nicht Ende der zwanziger Jahre gebaut und seitdem ständig erhöht und verfestigt worden, das Wasser des Rheins würde gelegentlich bis an die Kölner Straße oder bis an die Autobahn-Raststätte Nievenheim reichen. Dass dies nicht geschieht ist vor allem dem umsichtigen Hochwasserschutz zu verdanken.

Zuständig dafür ist der Deichverband Dormagen-Zons, der am Freitag offiziell sein 75-jähriges Bestehen feiert. Ein 150 Seiten starkes Buch von Eduard Breimann, das aus Anlass des Jubiläums im der Neusser Druckerei und Verlag GmbH erschienen ist, gibt einen Einblick in die wechselvolle Geschichte des Verbandes, der weitgehend im Stillen seine ungemein wichtige Aufgabe wahrnimmt.

Lediglich wenn der Strom wieder einmal seine ganze Macht aufbietet und an oder über die Ufer tritt, wird die Bedeutung des Deichverbands in das Bewusstsein der Bürger gerufen. Das Jahrhunderthochwasser 1995 ist vielen noch in schlechter Erinnerung als der Rhein den höchsten jemals gemessenen Pegel erreichte.

Doch auch diese Flut war wiederum der Ausgangspunkt für die Erneuerung der heimischen Deiche zwischen Bayerwerk und Silbersee, über die heftig und viel gestritten wurde, und die schließlich insgesamt über 40 Millionen Euro verschlang. Eisgang und Hochwasser - zwei Ereignisse, die Jahrhunderte lang das Leben am Rhein bestimmen.

Eindrucksvoll vollzieht Eduard Breimann den Schutz gegen diese Katastrophen nach. Die Römer bildeten Flutwälle um ihre Siedlungen, im Mittelalter wurden kleine Sommerdeiche an den Dörfern angelegt, die Schutz allenfalls nach kurzen Regenperioden bildeten. Erst die Flutkatastrophe 1926 und der Eisgang der folgenden Winter zwangen die Menschen in Dormagen, Zons und Stürzelberg endgültig zum Handeln.

Aus den lockeren Deichschau-Vereinigungen in den Rhein-Orten wurden feste Deichverbände, aus denen später der heutige Deichverband Dormagen/Zons gebildet wurde. Erster Deichgräf wurde der damalige Zonser Bürgermeister Dr. Emil Kirchhoff, der bald darauf von Michael Flücken abgelöst wurde. Johannes Scheer, Paul Wierich, seit zehn Jahren Johannes Steffen sind die weiteren Deichgräfen in Dormagen.

Mit hoch interessantem Bildmaterial von der geschlossenen Eisdecke auf dem Strom von 1928 bis zu den Loren, die Erde auf der Deichkrone transportierten, und der modernen Fensterfront der Hochwasserschutzmauer in Stürzelberg zeigt Breimann Fluss und Deich im Wandel. Heute trägt das Rheinwasser so viele Salze, dass eine geschlossene Eisdecke unmöglich geworden ist.

Der erste geordnete Deichbau in Dormagen hinterließ übrigens beim damals noch jungen Deichverband einen riesigen Schuldenberg, der allerdings durch die Zehntelung bei der Währungsreform abschmolz. Die späteren Jahre des Deichverbandes muten an wie ein ständiger Wettlauf zwischen immer höheren Flutwellen des Rheins und einer Aufstockung und Festigung des Deiches.

Ständig höhere Stände am Kölner Pegel zwangen zu einem intensiveren Schutz der Bevölkerung. Beim Jahrhunderthochwasser 1995 erreichte der Kölner Pegel mit 10,69 Metern seinen vorläufigen Rekord. "Wir haben heute Sicherheit bis zu einem Pegelstand in Köln von zwölf Metern. Da sind noch 1,30 Meter Luft bis zur Jahrhundertflut", berichtet Deichgräf Johannes Steffen.

Von der schmucken Zentrale des Verbands an der Uferstraße in Stürzelberg aus ist er Verband mit Hans Lorenz und Artur Auweiler als Stellvertreter und Rendantin Anneliese Wissdorf schlagkräftig und jederzeit einsatzbereit. Der Verband finanziert sich aus Mitgliedsbeiträgen derjenigen, die innerhalb der Hochwasserschutzzone liegen. Und die reicht vom Deich aus bis zur B9, zum Ernteweg und zur Autobahn.

Eduard Breimann hat mit seinem Buch dem Deichverband ein würdiges Denkmal gesetzt, das weit über das Jubiläum hinaus wirkt. Es dokumentiert eindrucksvoll den Versuch der Menschen am Rhein mit seinen handwerklichen, bau- und verwaltungstechnischen Möglichkeiten der Urgewalt des Wassers Herr zu werden.

Eduard Breimann: Die Deichgeschichte, 75 Jahre Deichverband Dormagen/Zons, Herausgeber: Deichverband Dormagen/Zons; Historische Schriftenreihe Stadt Dormagen, Neusser Druckerei und Verlag GmbH, ISBN: 3-923607-42-3; 9,50 Euro