Spannend wie ein deutscher Michael Crichton
„Das Projekt Hannibal" von Eduard Breimann

Die Berliner Literaturkritik, 25.01.08

Robert Rohloff ist BND-Mann. Jedenfalls im Roman Eduard Breimanns. Der Autor ist nicht irgendjemand, sondern ehemaliger Mitarbeiter eines Bundestagsabgeordneten, der in Südafrika die sogenannte Blaupausen-Affäre untersuchte. Der Dormagener suggeriert, der ominöse Robert Rohloff, den Uwe Barschel angeblich in Genf treffen wollte, sei ein Beamter des Bundesnachrichtendienstes gewesen, der Barschel aus der Patsche helfen wollte.

Er habe ein Foto gehabt, auf dem Pfeiffer, der im Krimi Sänger heißt, zusammen mit einem SPD-Verantwortlichen zu sehen war. Immerhin: Freya Barschel hat auf dem Klappentext des Buchs sogar geschrieben: „Der Autor hat - unter Verwendung von Fakten - die Entwicklung des Komplotts, die Tatumstände und Motive wie auch den Tathergang romanhaft beschrieben."

Die Frau des toten Politikers empfiehlt das Buch. Dessen Plot lautet, Barschel sei Opfer des „Projekts Hannibal" geworden.

Israel habe den Krieg zwischen Iran und Irak angeheizt, damit beide Feinde Israels geschwächt würden. Israel habe die Ausbildung iranischer Kampfpiloten gefördert. Renegate Kräfte innerhalb des BND hätten den israelischen Geheimdienst dabei unterstützt. Dem habe Uwe Barschel sich widersetzt, weshalb Mossad-Agenten ihn ermordet hätten, so die Theorie des Thrillers.

In der Realität bildeten die mutmaßlichen BND- Agenten Koch und Leers - über die Firma „Desert Air Service Ltd. Bengasi" - Piloten in Libyen aus. Hat Breimann sich die künstlerische Freiheit genommen und die Pilotenausbildung im Roman von Libyen in den Iran verlegt? Der Autor hüllt sich in Schweigen zu der Frage.

Im realen Fall bildete der ehemalige Major der Bundeswehr Hans-Dieter Raethjen in Libyen das Wachregiment des Staatschefs aus - unter anderem in der Technik des „lautlosen Tötens" - angeblich im Auftrag der Firma Telemit. Raethjen soll für den BND für Cornelius Hausleiter gearbeitet haben, für den auch der schreibende Agent Wilhelm Dietl im Einsatz war.

Und der machte als Journalist die Geschäfte der Telemit publik. Die Telemit AG handelte mit Elektronik aller Art, darunter Funk- und Sprechfunkgeräte für den militärischen Bedarf und lieferte diese u.a. an Libyen, aber auch an den Irak.

Als - inzwischen pensionierter - Informatiker eines Konzerns wäre Eduard Breimann eigentlich prädestiniert, diese Hintergründe aufzuarbeiten. Doch im Roman „Hannibal" fehlen Hinweise auf die Telemit.

Die Telemit soll auch das Jenaer Zeiss-Kombinat bei der Entwicklung militärisch nutzbarer Mikroelektronik unterstützt haben. Für Zeiss Jena arbeitete Bernd Barschel. Für Geschäftskontakte mit der DDR war in den 80 er Jahren Eike Barschel zuständig, als Vertriebsleiter des Elektronikunternehmens Wild Leitz, das mit Telemit kooperiert haben soll.

Zur gleichen Zeit lieferte auch die Schweizer Firma Mebo Bombenzünder und andere elektronische Bauteile sowohl an die DDR als auch an Libyen. Mebo-Besitzer Edwin Bollier versorgte die DDR ebenfalls mit hochgiftigen Chemikalien und anderen Materialien. Bollier gilt als Schlüsselfigur im Fall Lockerbie. Er wurde auch im Fall Barschel vernommen, doch die Ergebnisse dieser Vernehmung müssen in eine ganz spezielle Sonderakte aus den Ermittlungsakten heraus ausgelagert worden sein.

In den Ermittlungsakten hingegen finden sich Hinweise auf Länder, die außer Südafrika noch U-Boote erhalten haben. Diese ganz realen Hinweise werden auch in der Mitte des 400-Seiten Romans „Hannibal" zitiert. Dieses Schmankerl ist ein Fundstück für Insider, das aber leider nicht weiter in die Handlung des Buchs integriert wird.

Real auch die Beschreibung der Lieferung von Waffen und Ausrüstungsgegenständen über Dänemark. Die Schlusskapitel stützen sich weitgehend auf der Schilderung der möglichen Abläufe, wie sie sich auch im Abschlußbericht von 1998 der Staatsanwaltschaft finden.

Das Gros des umfangreichen Romans allerdings ist eine frei erfundene Krimihandlung um eine BND-Mossad-Intrige, die auf dem umstrittenen Buch Victor Ostrovskys aufzubauen scheint. Gewagt die These, der Medienreferent Uwe Barschels sei von Teilen des israelischen Geheimdienstes Mossad gekauft und beauftragt worden, um so Uwe Barschel gefügig zu machen.

Die Glaubwürdigkeit des Romans wird allerdings durch die Häufung von Sex und Gewalt reduziert. Ebenso wie durch die Agenten, die sich dauernd mit Ausweisen als BND-Agenten outen. Und das bei einem Dienst, bei dem bis vor kurzem noch alle Beamten etwas von Bundesvermögensverwaltung zu murmeln hatten, wenn sie nach ihrem Broterwerb gefragt wurden. Nur Pressesprecher, Präsidenten und Residenten treten öffentlich als BND auf, operative Kräfte eben nicht.

Der Krimi hätte sich nicht explizit den Fall Barschel auf den Titel schreiben müssen. Das Buch muss nicht als Schlüsselroman gelesen werden. Es ist auch so spannend wie ein deutscher Michael Crichton und liefert die Vorlage für eine Verfilmung. Handlung und plot points jedenfalls sind richtig getimt.

Von Susanne Härpfer